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Die Bausteine der Komödie SCHTONK!

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Die Bausteine der Komödie SCHTONK!

Es war nicht einfach den Film Schtonk! zu machen. Die einzigen, die von der Idee überzeugt waren waren der Helmut Dietl und ich. Wir sind nach dem Schreiben immer in diese Kneipe in München gegangen. Ein Tisch weiter saß da meistens der Bernd Eichinger. Der wusste was wir da schreiben und wenn wir reinkamen sagte er immer: „Hob’t ihr wieder an euerm Hitler g’schriebn, des wird doch nix! Was wollt’s ihr mit eurem Hitler?“- Als er dann das Drehbuch gelesen hat, hat er dann sofort gesagt das wird was! Aber es gab viele Leute die gesagt haben man kann doch aus so einem Thema keine Komödie machen. Weil sie verwechselt haben worüber wie eine Komödie machen. Wir haben keine Komödie über Hitler gemacht sondern eine über den Stern, über den Journalismus, über Gier und Eitelkeit. – Ulrich Limmer

Im Rahmen des Filmforum NRW wurde die Komödie SCHTONK! über die gefälschten Hitler Tagebücher gezeigt. Drehbuchautor Ulrich Limmer war auch anwesend. Es ist jedes Mal aufs Neue ein wahrer Genuss mit den Filmemachern auf dem Filmforum einen Blick hinter die Kulissen und auf den Entstehungsprozess zu werfen. Deshalb kann ich jedem, der die Möglichkeit hat das Filmforum zu besuchen dies nur empfehlen. Der Film SCHTONK! erschien 1992 und war sehr erfolgreich. Er wurde für den Auslands- Oscar nominiert und hat diverse andere Filmpreise gewonnen. Der Film ist eine satirische Aufbereitung des Skandals um die 1983 veröffentlichten “Hitler-Tagebücher”: Der erfolglose Maler Fritz Knobel(Konrad Kujau) gibt sich als Kunstexperte und -händler aus und verkauft dem Fabrikanten Lentz ein gefälschtes Tagebuch, das angeblich von Adolf Hitler stammt. Als der abgehalfterte Reporter Hermann Willié von der Existenz dieses und weiterer Tagebücher erfährt, wittert er eine journalistische Sensation.

Der Film ist inzwischen schon 20 Jahre alt, hat aber nichts von seinem Witz und Charme verloren. Uwe Ochsenknecht & Götz George spielen zwei unbeschreiblich witzige Charaktere. Ulrich Limmer gab nach dem Film noch ein kurzes Interview, bei dem man das Gefühl hatte er hätte den Film gestern gemacht. Er redete über seine Arbeit an dem Film und über die Entstehung von Komik. Die Frage, die ganz zu Beginn in den Raum gestellt wurde, war ob es denn für Komik Rezepte oder allgemeingültige Regeln gibt, die über die Genregrenzen hinweg erkennbar sind. Seine Antwort dazu habe ich hier kurz zusammengefasst.:

Komik ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit. Es gibt wenig Literatur darüber was Humor eigentlich ist. Damit haben sich schon einige Leute beschäftigt, aber es gibt keine allgemeingültige Vereinbarung: Warum wir eigentlich lachen und was das eigentlich ist. Obwohl wir es andauernd tun.
Aber trotzdem gibt es bestimmte Elemente die in einer Komödie vorkommen können, aber nicht vorkommen müssen. Das ist ja das eigenartige an unserem Beruf, dass wir überhaupt nichts wissen. Wir stochern mit einer langen Stange im trüben Wasser herum. Wenn wir dann eine Komödie machen hoffen wir dass dann die Leute lachen. Das ist aber eine schwierige Angelegenheit: Entweder das Publikum lacht… Dann ist ihnen eine Komödie gelungen … oder das Publikum lacht nicht. Dann haben sie einfach eine schlechte Komödie gemacht… Das ist gnadenlos!

Einer der wichtigsten Punkte einer Komödie ist die Übertreibung. Ist eine Komödie ohne Übertreibung eigentlich möglich?

Die Frage ist: wie weit darf man übertreiben, ohne die Glaubwürdigkeit als Filmemacher zu verlieren. Wir hatten den großen Vorteil dass es die Geschichte zu den gefälschten Hitler Tagebücher tatsächlich gab und wir uns nicht etwas aus den Finger ziehen mussten. Vielen Dank an den Stern, dass er uns so eine großartige Idee geliefert hat. Der Stern hat die letzten zwanzig Jahre versagt, er hat keine großartigen Ideen mehr hervorgebracht. Wir müssen uns jetzt selber wieder Ideen einfallen lassen…

Wir konnten darauf vertrauen dass der Zuschauer mit einem gewissen Vorwissen ins Kino geht. Keiner wird im Kinosaal sitzen und sagen: „das kann doch nicht sein das jemand so töricht ist und solche Sachen kauft“… Wir haben übertrieben um manche Dinge deutlich zu machen. Komödie braucht eine klare Deutlichkeit. Eine Komödie wird nicht funktionieren wenn sie einen zu großen Interpretationsspielraum lassen. Der Zuschauer muss wissen woran er ist.

Ein klares Beispiel für solch einen Moment ist der, dass das Schiff die Carin II wirklich existierte. Dieses Schiff die Carin II wurde von der deutschen Automobilindustrie im Jahre 1937 Hermann Göring zum Geschenk gemacht. Das war ein ziemlich großes Schiff. Für unsere Zwecke aber noch zu klein. Denn wenn sie als Zuschauer das erste Bild sehen in dem das Schiff aus dem Hafenbecken gehoben wird, dann muss klar sein: Dieser Mann hat nicht ein kleines Problem, dieser Mann hat ein Riesenproblem!
Mit so einem kaputten Schiff kann man nur arm werden!
Dadurch begreift man als Zuschauer schlagartig dass dieser Mann größenwahnsinnig ist und sich dabei übernehmen wird.

Ich glaube Inkonkurenz ist eines der wichtigsten Elemente einer Komödie überhaupt. Wenn man von Rezepten reden darf dann ist das sicher eins davon. Die Inkonkurenz findet sich in ganz vielen Witzen wieder. Es kommen Dinge zusammen die nicht zusammen passen. Als Beispiel: wenn die Deutsche National Zeitung die gefälschten Tagebücher von Hitler veröffentlicht hätte, dann hätten wir keine Satire daraus machen können. Weil dann würde jeder sagen, die sind sowieso Spinner. Aber wenn das eine liberale Zeitung macht wie der Stern, der bis dahin als ernstzunehmendes Blatt durch die Landschaft spaziert ist, dann ist das erschreckend! Das machte es uns möglich eine Satire über die Gier zu machen. Weil Dinge zusammen kommen die einfach nicht zusammen gehören.

Wie groß ist denn der Übertreibungsbogen … denn an manchen Stellen denkt man es wurde gar nicht so sehr übertrieben?

Ein ganz wichtiges Element einer Komödie ist natürlich auch dass die Charakteren eine ganz verschobene Weltsicht haben. Ein Mann kauft sich ein Schiff und glaubt einen unglaublichen journalistischen Coup landen zu können. Er schafft es tatsächlich auch fast. Ein Mann wie der Kujau der permanent lügt. Und wenn man ihn dabei ertappt sagt er: Ja tut mir leid, ich hab gelogen, aber ich kann nicht anders. Nimm es nicht persönlich gegen dich, ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung. Der mit gnadenloser Offenheit sagt du kannst alles von mir haben nur verlass dich nicht auf mich. Das ist auch eine komödiantische Haltung. Weil sie nicht einer realistischen Haltung entspricht.

Abschließend möchte ich sagen dass eine Komödie nur dann funktionieren kann, wenn wir etwas von uns selbst darin entdecken. Beim Skandalreporter Hermann Willie erkennen wir etwas was wir alle sehr gerne selbst sein würden: berühmt, erfolgreich und geachtet. Wir können uns das gut vorstellen, dass ihm die Tränen kommen wenn der Chef der ihn nie gegrüßt hat für ihn auf dem Schiff ein Ständchen singt. Wir würden auch gerne so wie der Kujau leichtfertig herumlügen. Wir würden auch gerne so gewissenlos sein. Diese menschlichen Verlinkungen braucht man dringend um diese Distanz zu überwinden, damit man sie lustig findet.